Was hat ein Musikfestival eigentlich mit Politik zu tun?
Wutzrock ist solidarisch, nicht kommerziell, gegen Sexismus und antifaschistisch.
Weil es immer wieder zu Fragen rund um die politischen Zusammenhänge von Wutzrock Umsonst & Draußen kommt und wir unsere Grundsätze noch mal besonders unterstreichen möchten, stellen wir die Frage aller Fragen nun öffentlich.
Wutzrock war und ist eine politische Veranstaltung. "Kultur von unten - für alle und von allen" hieß die Forderung der Jugendbewegung, und daran hat sich bis heute nichts geändert. Wutzrock ist Teil der politischen Bewegung, die für selbstbestimmte und selbstorganisierte Lebenszusammenhänge kämpft.
Warum bezeichnet sich das Wutzrock Festival als "bunt, laut und überparteilich, solidarisch, nicht kommerziell, gegen Seximus und absolut antifaschistisch und welche Relevanz haben diese Grundsätze für mich als Festivalbesucher?"
Die Antwort auf diese Frage führt uns zurück zu den Ursprüngen von Wutzrock:
Das Festival ist aus der Jugendzentrumsbewegung entstanden. Diese Bewegung verstand sich selbst als eine politische, was bedeutete, dass die an "den Staat" gerichtete Forderung der (damals) Jugendlichen über die bloße Bereitstellung eines Hauses hinausging. Noch verbunden mit der Aufbruchstimmung der 70er Jahre des letzten Jahrhunderts sollte das Jugendzentrum auch ein Stück praktizierte Demokratie sein. Im Jugendzentrum sollte es keine staatliche Beaufsichtigung geben, weder durch angestellte Hausmeister noch durch Sozialarbeiter. Auch die öffentlichen Gelder, die für Jugendarbeit vorgesehen sind, sollten den Jugendlichen zur Verfügung gestellt werden und nur sie sollten darüber entscheiden, wofür sie das Geld ausgeben. Der "Staat", als von den Bürgern freiwillig und demokratisch beauftragtes Verwaltungsorgan, sollte also nicht einfach über die Köpfe der Betroffenen hinweg entscheiden. Das war das Politische.
Kulturell war im musikalischen Bereich der Rock'n'Roll Ende der 70er von allen rebellischen oder unkonventionellen Elementen befreit. Wo vorher rückkoppelnde Gitarren die Zeit vergessen ließen, dudelten nun auf jedem Vinyl nur noch Orgeln und Synthesizer, das ganze Musikgeschäft war zu einer riesengroßen Industrie geworden. Es ging nur noch darum, der vor allem jugendlichen Kundschaft das Geld aus der Tasche zu ziehen mit Konzerten, mit Platten usw. Alles, was Spaß machte und was man nur so in der Freizeit für sich machen wollte, kostete also Geld. Und Platz für etwas, das kein Geld kostete, gab es nicht oder er wurde nicht zur Verfügung gestellt. Dagegen begehrten auch viele junge Menschen auf und machten Punk. Darum ist Wutzrock nicht kommerziell.
Wutzrock vereinte die Proteste und alle, die mitmachten, hatten gelernt, dass man nur gemeinsam etwas erreichen konnte. Darum ist Wutzrock solidarisch.
Und sie waren sich darin einig, dass es zur gleichen Zeit noch viel mehr Menschen gab, die ihre Persönlichkeit nicht frei entfalten konnten, obwohl das doch ein im Grundgesetz verbrieftes Recht ist. Die Wutzrock-Solidarität hört also nicht bei der eigenen Gruppe auf. Sie bezieht alle Menschen ein, die durch Machtverhältnisse benachteiligt oder verächtlich gemacht werden, zum Beispiel wegen ihres Geschlechts. Darum ist Wutzrock auch gegen Sexismus.
Gerade heute werden immer stärker auch die Rechte von Menschen eingeschränkt, die hierher kommen wollen, weil sie glauben, in unserem Land oder auf unserem Kontinent sicher zu sein, vor Verfolgung, Ausbeutung und Willkür. Vermutlich war das schon immer so, aber jetzt tritt es viel deutlicher zu Tage. Unsere Solidarität schließt auch diese Verfolgten und Flüchtlinge ein, denn wir sind davon überzeugt: Kein Mensch ist illegal.
Und weil diese sogenannten "emanzipatorischen Bewegungen" mit ihrem Recht auf Selbstbestimmung und freien Willen genau das Gegenteil von dem anstreben, was alte und neue Nazis wollen und weil diese Nazis auch schon häufig das Jugendzentrum oder Wutzrock stellvertretend für alle "Linken" handgreiflich angegriffen haben, ist Wutzrock absolut antifaschistisch.
Alle diese Ideale und Ziele machen Wutzrock bunt, und Bunt-sein schließt die Überparteilichkeit ein, meinen wir.
Danke für eure Fragen, die gar nicht missverständlich sind und überhaupt mal wieder beantwortet werden mussten.